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»Brand Building« als Methode für mehr Klarheit im laufenden Semesterprojekt

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Seit drei Jahren lehre ich »Brand Building« im Master Strategische Gestaltung an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd, seit diesem Semester auch erstmals im Master »Brand Identity« an der Hochschule Bielefeld, als hybride Online- bzw. Präsenzveranstaltung. Die Vorlesung selbst verschicke ich als Podcast vorab, im Seminar bearbeiten die Studierenden als Praxisprojekt einen Branding Case, um die Methoden und Tools, die ich im Podcast vermittle, direkt und eigenständig in der Praxis anzuwenden, so dass sie reflektiert ins eigene Repertoire eingehen.

Was mich wirklich freut, ist die Qualität und Bandbreite der Themen, die wir im Seminar bearbeiten – und, dass immer wieder klar wird, dass Branding eine tolle Methode ist, um komplexe Themen zu klären, auf den Punkt zu bringen und der Außenwelt vermittelbar zu machen.

Branding als Methode zur Klärung – und Perspektivwechsel

Viele Studierende bearbeiten klassische Re-Branding Cases in meinem Kurs – zuletzt hatten wir wir beispielsweise ein Re-Branding für die Margarine-Marke RAMA für die junge, vegane Community; ein Re-Branding der Marke für Gartengeräte STIHL, das einen nature-centric Ansatz verfolgt; die Entwicklung einer Subbrand für das IKEA Circular Hub oder ein Re-Branding für die provenzialische Kosmetikmarke L’Occitane, um ihre Identität und regionale Herkunft wieder deutlicher spürbar zu machen.

Viele Master-Studierende, und darum soll es hier in diesem Beitrag vor allem gehen, nutzen das Seminar jedoch auch, um eine Marke (Brand Story und Brand Design) für ihr laufendes Semesterprojekt zu entwickeln. Dies hat mehrere positive Effekte:

  • Zum einen können sie durch den Perspektivwechsel im Branding, bei dem man die Dinge von außen betrachtet, die Methoden und Tools aus dem Branding zur inhaltlichen Klärung und Schärfung des Projekts zu nutzen (denn, wie jeder weiß, ist die Themenfindung, -klärung und -schärfung bei der Projektarbeit an der Designhochschule mit am schwersten)
  • Branding macht Dinge sichtbar, die es noch nicht gibt – und das hilft im Semesterprojekt, denn gerade für Marken oder Produkte, die noch im Entstehungsprozess sind, kann die Markenentwicklung ein wertvoller Schritt sein, um die eigene Ausrichtung und Werte besser zu verstehen (wunderbares Zitat einer Seminarteilnehmerin)
  • Man begreift selbst die Dinge meist dann am besten, wenn man sie jemand anderem vermittelt – und das ist schließlich das, was Branding auf eine sehr prägnante Art und Weise tut
  • Außerdem zieht die Sichtweise der Marke einen plakativen, sehr konkreten »Layer« ins Projekt, die bei aller Theorie, Recherche und Konzeptionsarbeit dem eigenen Gedankenchaos mitten im Projekt gut tut: Am Ende des Seminars sind die Studierenden zB in der Lage, die gesamte Komplexität des Projekts anhand von visualisierten und begreifbaren »Brand Moments« erlebbar und besser vorstellbar zu machen – denn bei vielen inhaltlich komplexen Semesterprojekten stelle ich mir insgeheim die Frage, ok, was ist denn hier jetzt eigentlich das Designprojekt?
  • Auch inhaltlich bringen Branding-Methoden und Methoden der Positionierung Klarheit ins Projekt: Die Arbeit an der Brand Story und dem WhyHowWhat versetzt die Studierenden in die Lage, den Kern ihres Projekts zu beschreiben – und diesen Elevator Pitch braucht man schließlich ständig, wo und wann immer man über das eigene Projekt spricht

Die Semesterprojekte, die derzeit im Master der HfG Schwäbisch Gmünd entstehen und im Seminar Brand Building nun eine eigene Marke erhalten haben, waren:

  • C-Change, ein Produzent für CO2-neutrale Baustoffe, die per Elektrolyse im Meerwasser gezüchtet werden
  • Con2, eine Plattform for recycelte Baumaterialien
  • Urban Flow, ein komplexes Planungstool, das Stadt- und Verkehrsplaner und Stadtbewohner:innen zusammenbringt, um Verkehrsströme zu analysieren und optimieren und Zukunftsszenarien zu simulieren
  • Institut für Literatur- und Publikationstransparenz, eine Initiative des Börsenvereins, um den Einsatz von KI bei der Entwicklung im gesamten Buchproduktionsprozess – Konzeption, Recherche, Schreibprozess, Lektorat, Übersetzungen, Marketing etc. – transparent und nachvollziehbar zu machen

Zwei Projekte, die derzeit an der Hochschule Bielefeld im Master entstehen, und deren Marke im Kurs erarbeitet wurde, waren:

  • der Bielefeld Chatbot, eine digitale Schnittstelle für mehr Partizipation der Bürger:innen der Stadt Bielefeld, die tief in der Kommunikationskultur der Stadt verankert ist
  • die Transferwerkstatt Bildung TRABI, Initiative und Ort für Begegnung, Austausch und Weiterbildung zum Thema frühkindliche Bildung zwischen Hochschule und erzieherischer Praxis in Kitas

Mir hat das Seminar und die Qualität der Schlusspräsentationen wieder gezeigt, dass Branding-Methoden generell helfen können, Klarheit in die Komplexität des Semesterprojekts zu bringen. Das Seminar hat mir großen Spaß gemacht! Ich wünsche allen Teilnehmern viel Erfolg im Semester-Endspurt 👋