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Als das Leben ganz einfach war: Der Seehof am Goldegg-See

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Die Welt funktionierte für den Menschen immer nach der Ordnung der Orte. Allem, was in der Welt eine Funktion und eine symbolische Bedeutung zugewiesen war, war auch ein Ort zugewiesen: ein Haus zum Wohnen, eine Trutzburg als Schutz, ein Gasthaus, um auf Reisen ein Dach über dem Kopf zu haben. Die Schule, um zu lernen. Die Kirche fürs Gebet und die innere Einkehr.

Und heute? Man könnte heute, im Zuge der Digitalisierung, fast den Eindruck bekommen, als ob sich manche dieser alten Orte, ja sogar die gesamte terrestrische Ordnung der Orte, auflösen. Statt mit Anzug und Aktentasche morgens ins »Büro« zu gehen (einer dieser alten Orte – lies hier unseren Beitrag »Vom Anfang und Ende des Büros«), sitzen heute die digitalen Nomaden mit Laptop im Homeoffice oder wahlweise im Co-Working Space. Mit dem Smartphone trägt sowieso jeder ein portables Büro in seiner Hosentasche herum. Bildung findet online statt, braucht man also noch »Schulen« und »Universitäten« aus Mörtel und Ziegel? Wenn alles Wissen und alle Information der Welt googlebar sind, braucht man noch Bibliotheken? Shoppen tun wir sowieso nur noch online. Und die Kids bauen statt mit Bauklötzen virtuelle Welten und Räume in Minecraft.

Die »echten Orte« müssen in diesen merkwürdigen Zeiten ihre Daseinsberechtigung neu finden. Wenn sie sich derer gewiss sind, gewinnen sie an Bedeutung. Wenn alle anderen Orte sich auflösen oder zu semi-permeablen Membranen werden, werden die ernst gemeint echten Orte zu besonderen Orten.

Und solch ein Ort ist der Seehof.

Sehnsuchtsort. Bessere Welt. Insel der Glückseligen. Ein Haus, voll mit so viel Büchern, Kunst und durchweht von Geist kann nur ein guter Ort sein.

Dieser große, ausladende Ort, der da im Pongau am Ufer des Goldegg-Sees liegt, birgt wiederum in sich viele kleine Orte, die man entdecken und zwischen denen man herumfloaten kann: Unprätentiöse Zimmer, in denen man keine Sekunde auf die Idee kommt, dass es sich um ein Hotelzimmer handelt. Einen blauen Salon, in dem sich die Bretter unter Büchern biegen. Eine Bar, an der man unweigerlich strandet am Abend. Einen Cheftable in der Küche, wo man die exzellente Haubenküche essen und dabei den Köchen beim Kochen in die Töpfe schauen kann. Eine Sonnenterrasse, aus der ein Baum herauswächst, an dem eine Hängematte hängt. Ein Garten, der von limettenfarbenen Rispenhortensien umrandet ist. Aber vor allem hat der Seehof einen eigenen Steg. Wenn man einen faulen Nachmittag auf dem Steg herumgelegen ist und dem rauschenden Schilf und den Kirchenglocken eine Weile zugehört hat, rudert man mal auf den kleinen Moorsee hinaus. Oder man legt sich auf die Wiese der kleinen, schnuckeligen »Moorbadeanstalt« mit Sprungturm direkt nebenan und isst ein Eis. Viel braucht es nicht, und trotzdem appeliert dieser Ort an etwas mächtiges, das viele von uns in sich tragen: eine perfekte Kindheitserinnerung an endlos lange Sommer am See, als das Leben ganz einfach war.

Hinter einem solchen, echten Ort können nur echte Menschen stecken. In diesem Fall sind es die Schellhorns, die den Seehof schon in fünfter Generation betreiben und den Ort mit Leben und Liebe füllen (Letzteres ist auch die Aufgabe der beiden Hotelmöpse Herrmann und Taxi, die in wilder Ehe zusammenleben, trotz des Altersunterschieds).

Ein Ort, an dem man einfach »sein« kann ist ein guter Ort. Ein Ort, nach dem man sich sehnt, wenn man nicht dort ist, ist ein guter Ort. Oder, wie es im Seehof neben der Rezeption auf einer Holzplanke geschrieben steht: »Life’s better at the lake.«

Seehof

Der Seehof

Hotel & Restaurant
Susi & Sepp Schellhorn

Hofmark 8, 5622 Goldegg am See, Austria
Tel +43 6415 8137-0 , office@derseehof.atwww.derseehof.at

PS: Gefunden habe ich diesen Ort wie viele andere übrigens in den supertoll kuratierten Reiseführern von Smart Travelling